Kinder mit FASD vor Kölner Dom

Gemeinsam sind wir stark – mit FASD

Gemeinsam sind wir stark – mit FASD

Eine Ferienfreizeit für Pflegekinder mit FASD, das mit der Unterstützung des Deutschen Kinderhilfswerk realisiert werden konnte!

Stimmen hinter verschlossenen Bürotüren, hin und wieder dringt etwas Musik heraus, Kinderlachen im Treppenhaus, wo sich die Geschäftsräume von FAIR.STÄRKEN e.V. befinden. Beim Verein am Hohenstaufenring herrschte in den Osterferien geschäftiges Treiben. Es fand ein Teil des Projektes Gemeinsam sind wir stark – mit FASD statt, das im Rahmen einer Ferienfreizeit für 12- bis 15-Jährige aus Pflegefamilien mit Fetaler Alkoholspektrumstörung (FASD) organisiert wurde.

Menschen mit FASD

Menschen, die mit FASD geboren wurden, haben oft körperliche Fehlbildungen und Verhaltensauffälligkeiten: Entwicklungsstörungen, Probleme mit der Aufmerksamkeit, Störungen des Kurz- und Langzeitgedächtnisses, Schwierigkeiten beim Sprachverständnis sowie ein gestörtes Ursache-Wirkungsverständnis. Sie benötigen besondere Unterstützung bei alltäglichen Abläufen und sozialen Interaktionen. Die Ursache für diese Störung ist der Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft (siehe unser Blogbeitrag zu FASD).

Gemeinsam Köln entdecken

Vier Tage und drei Nächte verbrachten die Jugendlichen gemeinsam mit vier Pädagoginnen und Pädagogen in Köln, herausgenommen aus ihrem Alltag, dennoch nicht weit entfernt von ihrem Zuhause. Übernachtet wurde in einer Jugendherberge. Hier galt es, geregelte Tagesabläufe, wie gemeinsames Tischdecken, Abräumen sowie das pünktliche Erscheinen zu den Mahlzeiten einzuhalten.

Tagsüber standen Aktivitäten auf dem Programm, das gemeinsam mit allen Beteiligten abgestimmt und geplant wurde: Ausflüge in den Kletterpark und auf einen Spielplatz im Rheinpark, eine Seilbahnfahrt und abendliches Feuerspucken am Rhein. Es gab einen Kinoabend in der Unterkunft, und die Jugendlichen bekamen ein Großstadtgefühl beim gemeinsamen Shoppen in der Kölner City. Einige bestiegen sogar den Dom bzw. den LVR-Turm in Deutz und wurden mit einem schönen Panoramablick über die Stadt belohnt.

Lebenswelt selbst gestalten

Die Jugendlichen bekommen durch die Freizeit die Möglichkeit, mit Spaß und in einer lockeren Atmosphäre ihr positives Selbstbild weiterzuentwickeln und die Verantwortungsübernahme für die eigenen Handlungen zu trainieren. Die Resilienzförderung ist das erklärte Ziel dieses Projekts.

Musik verbindet

Im Mittelpunkt des Projekts stand ein Musikworkshop in den Räumlichkeiten von FAIR.STÄRKEN e.V. Der musikalische „Direktor“ Robin, einer unserer Pädagogen, wurde von Marius von den Biking Brothers bei dem Projekt tatkräftig unterstützt. Das Büro einer Vorständin wurde kurzerhand zum Aufnahmestudio umfunktioniert: Mischpult, Lautsprecher, Mikrophone wurden aufgebaut. Am Ende des Workshops soll ein eigenes Musikvideo mit Gesang und Impressionen der gemeinsamen Ferienfreizeit in Köln präsentiert werden.

Strukturierter Tagesablauf

Doch zunächst müssen sich alle erst einmal kennenlernen. Ein sicherer Raum und Menschen, denen sie vertrauen, ist für Pflegekinder mit FASD äußerst wichtig und Grundlage für die gemeinsame Zeit.

Das sind die Projektphasen für die folgenden drei Tage:
– Gemeinsam Regeln aufstellen
– Aufteilung in Projektgruppen (Techniker:innen, Texter:innen, Sänger:innen)
– Thema des Songs beschließen
– Arbeit in den Projektgruppen
– Abschluss der Projekte
– Der Song wird vorgestellt

Jeder Workshoptag ist durch einen gemeinsamen Beginn und einer Reflexionsrunde am Ende gekennzeichnet.

Das Projekt unterstützt die Unabhängigkeit der Jugendlichen mit FASD

Jugendliche mit FASD zeigen oftmals starke Verhaltensauffälligkeiten und erfahren dadurch mitunter Ablehnung in der Gesellschaft. Andere Jugendliche mit FASD kennenzulernen, ist sehr wichtig für die Teilnehmenden. Sie erkennen dadurch: „Ich bin nicht allein, ich bin gut so wie ich bin”.

Die soziale Situation der Teilnehmenden ist in vielerlei Hinsicht benachteiligt: Sie wachsen in Pflegefamilien auf. Die Trennung von den Eltern stellt für die Kinder nahezu immer ein traumatisches Ereignis dar, viele weisen Anzeichen von Bindungsstörungen, Angst und Depression auf.  Auch durch das FASD zeigen sich psychische Störungen im besonderen Maße.

Die Ferienfreizeit leistet einen wichtigen Beitrag für die Selbständigkeit und Chancengleichheit der Jugendlichen. Durch ein gestärktes Selbstvertrauen und besseren Kompetenzen in Alltagssituationen ist es ihnen möglich, sich freier in ihrer Lebenswelt zu bewegen und neue Kontakte zu knüpfen. Sie lernen entsprechend ihrer individuellen Fähigkeiten, die Freizeit und das Gruppengeschehen mitzugestalten. So wird ein inklusives Köln gefördert.

Und hier ist natürlich das Musikvideo, das während des Projektes entstanden ist. Viel Spaß!

Deutsches Kinderhilfswerk Logo

Dieses Projekt wurde unterstützt vom Deutschen Kinderhilfswerk.

FAIR.STÄRKEN sagt Danke auch im Namen der teilnehmenden Jugendlichen!

 

 

Fotos FAIR.STÄRKEN e.V.
Redaktion: Claudia Heinrich


Trainerin mit mehren Mädchen im Baum

Girls Power – weil wir sein können, wie wir wollen!

Girls Power – weil wir sein können, wie wir wollen!

Ein Projekt für junge Mädchen aus benachteiligten sozialen Verhältnissen, das mit der Unterstützung der Postcode Lotterie realisiert werden konnte!

Gut gelaunt und hoch motiviert treffen sich die zehn Mädchen aus dem Projekt „Girls Power – weil wir sein können, wie wir wollen“ nach der Schule mit ihren beiden Trainerinnen von FAIR.STÄRKEN. Sie wissen, was auf sie zukommt, dass es bestimmt wieder ein lustiger Nachmittag sein wird. Per „Daumen hoch“ oder „so lala“ wird die jeweilige Tagesform abgecheckt. Na, geht doch, fast alle zeigen nach oben. Die kommenden Wochen werden zusammen durchgesprochen: Ok, Eis essen, zusammen kochen und ins Jump-House. Demokratisch wird entschieden, jede darf ihre Meinung sagen und Vorschläge machen.

Wir Mädchen halten zusammen!

Dann geht’s endlich raus in die Sonne. Das Geschicklichkeitsspiel „Fröbelturm“ erfordert Koordination und Teamarbeit. Ein Holzklotz muss mit einem Haken, der mit mehreren Fäden verbunden ist, gegriffen und auf einen anderen Klotz platziert werden. Gemeinsam legen die Mädchen fest, wie viele Klötze sie schaffen, aufeinanderzutürmen: vier.
Die ersten Versuche scheitern, doch kein Frust kommt auf. Sie probieren es weiter. Dann der erste Klotz steht, der zweite und der dritte. Plötzlich läuft es wie geschmiert. Als der vierte Klotz ganz oben thront und das Ziel eigentlich erreicht wäre, denkt keine ans Aufhören. Der Ehrgeiz der Mädchen ist geweckt, es geht mit vereinten Kräften weiter. Zusammen schaffen sie auch noch den letzten, sechsten Klotz.

Die Freude ist riesig und der Stolz auf die eigenen Fähigkeiten fast noch größer.

Wir sind selbstbewusst und wissen was wir können!

Die Mädchen zwischen 12 und 14 Jahren kommen aus sozial benachteiligten Familien, wo wenig Platz für Extrawünsche ist, es kaum Zeit für Gespräche gibt und noch seltener die nötigen finanziellen Mittel für Ausflüge o.Ä. zur Verfügung stehen. In unserem Projekt: „Girl Power–weil wir sein können, wie wir wollen!“ nehmen die Mädchen am Sozialen Training von FAIR.STÄRKEN teil, das dank der Unterstützung der Postcode Lotterie umgesetzt werden konnte. Die Mädchen lernen mit verschiedenen Spielen selbstbewusster zu werden, ihre Team- und Kommunikationsfähigkeit wird gestärkt, bei Anzeichen von Gewaltbereitschaft, lernen sie alternative Handlungsstrategien anzuwenden. Die qualifizierten Trainerinnen sprechen mit ihnen über Sexismus und Rollenbilder, geben Orientierungshilfe für ihr Leben – oder sind einfach nur da, als zuverlässige Konstante, Vertrauensperson und Freundin.

Wir können uns auf andere verlassen!

Bei den Sozialkompetenztrainings von FAIR.STÄRKEN gibt es anfangs eine Kennenlernphase. Die Kinder und Jugendlichen lernen sich untereinander und die Trainer:innen kennen. Auch die Pädagog:innen bekommen einen Eindruck von der herrschenden Gruppendynamik, wer mag wen und wen überhaupt nicht. Aufmerksam achten die FAIR.STÄRKEN-Mitarbeiter:innen auf jedes Detail. Die Gruppe wird dann im Laufe der Trainings immer mehr zusammenwachsen. Neben erlebnispädagogischen Aktivitäten und Ausflügen finden immer wieder Vertrauensübungen statt, bei denen sich die Teilnehmenden auf andere verlassen müssen, und sie merken, dass sie es auch können.

Beim ersten Treffen von „Girls Power“ wurde festgehalten, was die einzelnen Teilnehmerinnen auf dem Herzen haben, ihre Wünsche und was sie an sich mit Hilfe des Trainings verändern wollen; „Ich würde gern lernen, wie man mit Konflikten mit den Jungs umgeht.“, „Ich will lernen, Probleme zu besprechen, ohne jemanden zu verletzen.“ oder „Ich will nicht mehr schüchtern sein.“

Wir lernen Neues kennen und schätzen das, was wir haben und sind!

Viele der Mädchen kommen selten aus ihrem eigenen Stadtteil heraus. Bei einer organisierten Stadtrallye quer durch Köln lernten sie auch andere Veedel kennen und sich in der Domstadt zurechtzufinden. Beim gemeinsamen Kochen haben sie nicht nur Spaß, sondern erhalten auch wertvolles Wissen über eine gesunde Ernährung.

Ein Besuch der Ausstellung „LOVE?“ im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum vermittelte den Mädchen Einiges über verschiedene Formen der Liebe, Geschlechter, Sexualität, Rassismus und Machtverhältnisse. Ein guter Anlass, über die eigene Rolle in der Gesellschaft nachzudenken, als Mädchen, als spätere Frau … Auch bekommt man in der Ausstellung einen Einblick in unsere diverse Gesellschaft, und dass jeder/r so richtig ist wie er/sie ist und bei allen Unterschieden schließlich alle gleich sind.

Wir wissen, wie Demokratie geht!

Mädchen beim One Billion Rising TanzDass und wie frau demokratisch aktiv sein kann, und dass es wichtig ist, für seine Rechte auch öffentlich einzutreten, zeigten unsere „Girls“ ganz mutig und selbstbewusst bei der diesjährigen Protestaktion von „One Billion Rising“. Mit ihrem öffentlichen Demonstrationstanz setzten sie ein starkes Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen.

Wir von FAIR.STÄRKEN sind sehr stolz auf unsere Power Girls mit Girls Power und sehen, wie sie von Woche zu Woche Fortschritte machen und wie selbstbewusst sie jetzt schon sind. In der Gruppe haben sie sogar Ideen entwickelt, wie sie das erworbene Wissen, z.B. gewaltfrei Konflikte zu lösen und, wie man aus der Mobbing-Opfer-Rolle herauskommt, an ihre Mitschülerinnen und Freundinnen weitergeben.

Wir freuen uns jetzt schon auf die nächsten Aktionen unserer taffen Mädels von „Girls Power – weil wir sein können, wie wir wollen!“

Zwei Mädchen beim Fotografieren
Früh übt sich …

Nochmals ein herzliches Dankeschön an die Postcode Lotterie, die mit ihrer Unterstützung das erfolgreiche Projekt erst möglich gemacht und für diese kölschen Mädche wichtige Bausteine für ein chancengerechtes Leben mit gesetzt hat.

Die Fotos sind von FAIR.STÄRKEN-Mitarbeiterinnen und von jungen, aufstrebenden Fotografinnen. Ob sich hier vielleicht schon ein späterer Berufswunsch abzeichnet?

Bericht: Claudia Heinrich

FAIR.STÄRKEN sagt Danke auch im Namen der Kinder!