Ausflug in die Selbständigkeit – Geflüchtete Mütter lernen Alltag
Wenn wir uns um geflüchtete Kinder und Jugendliche kümmern, heißt das natürlich auch, dass wir auch die Eltern unterstützen. Das Ankommen in Deutschland ist schon schwierig genug, die Erlebnisse müssen verarbeitet werden und dann die fremde Sprache. Hinzu kommen Alltäglichkeiten, die für uns völlig normal sind, aber für geflüchtete Menschen eine fast unüberwindbare Hürde darstellen können.
Unsere Mitarbeiterinnen sind in verschiedenen Geflüchtetenunterkünften in Köln unterwegs und empowern vor allem die Mütter zu mehr Selbständigkeit, geben Hilfestellungen und wertvolle Tipps. Für viele von ihnen ist der Umgang mit Geld, Bankgeschäften und allem, was damit zu tun hat, nicht selbstverständlich.
Ich gehe mal eben zur Bank …
Das sagt sich so leicht, wenn man hier aufgewachsen ist, und der Automat deine Sprache spricht. Dennoch sind Dinge, wie Geld abholen, Zinsen bei Überziehung des Kontos, Überweisungen, Umgang mit Geld etc. notweniges Alltagswissen.
Eine Frau in der Gruppe war sehr aufgeregt, als sie vor dem Geldautomaten steht: „Ich habe richtig Herzklopfen. Sowas habe ich noch nie gemacht.“ gibt sie zu. Einfühlsam erklären unsere Mitarbeiterinnen die fremde Technik und das Prozedere. Dabei werden die Tasten und Anzeigen übersetzt und die Bedeutungen erklärt. Natürlich wird auch fleißig geübt: Es werden Ein- und Auszahlungen getätigt und Kontoauszüge ausdruckt. Die Frauen sind sehr interessiert und stellen Fragen, schließlich geht es um ihr Leben und das ihrer Kinder. Mehr Unabhängigkeit, gerade in Finanzangelegenheiten, bedeutet mehr Sicherheit für die Familie.
In der Postfiliale oder am Automaten
Amtsschreiben, Päckchen, Einschreiben oder sonstige Post will auch richtig frankiert auf den Weg gebracht werden. Gemeinsam werden die Briefmarkenautomaten erkundet und geübt, wie man die Adresse richtig auf den Umschlag platziert. Und natürlich werden gleichzeitig alle neu gelernten Vokabeln gepaukt.
Der Ausflug war für die Mütter sehr aufregend, sie haben viel Neues gelernt. Gemeinsam lassen sie bei einem Glas Tee den Tag Revue passieren und besprechen noch offene Fragen. Das nächste Mal haben sie bestimmt schon so viel mehr Selbstsicherheit, um die „kleinen Alltäglichkeiten“ selbstständig erledigen können.
Kinder- und Jugendarbeit – Arbeit mit der ganzen Familie
FAIR.STÄRKEN arbeitet viel mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen, die oftmals Gewalterfahrungen, Flucht und Ausgrenzung in ihren jungen Jahren erleben mussten. In unseren Angeboten empowern wir vor allem die Mütter, geben ihnen Sicherheit und Perspektiven, versorgen sie mit notwendigem Wissen, um in ihrer neuen Heimat richtig anzukommen und sich auch Willkommen zu fühlen. Wir nehmen ihnen dadurch viel Stress, geben Unabhängigkeit und Selbstbewusstsein. Das kommt dann der ganzen Familie zugute.
Bericht: Claudia Heinrich
Fotos: FAIR.STÄRKEN e.V.